Wie ich im Golf von Eilat Tauchen lernte
In Eilat tauchen, dass fehlte mir noch auf meiner Abenteuerliste für Israel.
In Eilat tauchen? Na gut, ich komme mit!
Ich saß mit meiner Frau auf der Terrasse eines Ferienapartmens im Kibuzze En Gedi. Es sollte der letzte Abend in dieser traumhaften Ferienanlage sein, morgen früh stand die Abfahrt nach Tel Aviv auf unserem Programm. Eine typisch Schnäppchen Jagd durch die Boutiquen der Mittelmeermetropole sollte unsere Heimreise über dem Airport Ben Gurion einleiten. Meine Frau freute sich auf den Einkaufsbummel und ich war glücklich, dass sie sich freute. Dafür ertrage ich jedes Mal mit Gleichmut das stundenlange Durchstöbern der Angebote und übte auch jetzt schon im Vorfeld den Satz: „Oh, das sieht aber prima aus, das würde ich sofort kaufen.
Zum letzten Mal schweifte mein Blick über die judäische Wüste, die sich mir in ockerer Farbenpracht im Glanz der untergehenden Sonne entgegenstreckte. Wann werde ich dich wiedersehen? Mit diesen Gedanken ging ich den Feiertagskalender des Jahres 2013 durch. Himmelfahrt und Pfingsten lagen recht nahe beisammen, also griff ich zum Smartphone und überprüfte die Schulferien für das Bundesland Sachsen-Anhalt. Treffer! 14 Tage frei mit Ferien und Feiertagen. Schließlich ist meine Frau Lehrerin und kann nur während der Ferien verreisen. Aus der Abschiedsstimmung wurde ganz plötzlich eifriges Planen für den nächsten Urlaub in Israel.
Ich plädierte für En Gedi, meine Frau für das sonnige Eilat. Den Wunsch einer Frau, zumindest meiner, sollte man(n) erfüllen. Allerdings begeisterten mich 14 Tage Strandurlaub überhaupt nicht. Spätestens, nachdem ich die Klimatabellen für Eilat überprüfte, stand fest, das halte ich nur unter Wasser aus.
Gedanklich ging ich meine Lebens-TO-DO Liste durch und irgendwo stand da, ganz weit hinten zwar, aber deutlich zu lesen: den Tauchschein machen. Ich war vor einigen Jahren bereits einmal im „Dolphin Riff“ in Eilat tauchen, aber zu einem Tauchschein hatte das natürlich noch lange nicht gereicht. Und so suchte ich bald darauf gemeinsam mit meiner Frau im Internet nach einer Tauchschule. Wir wurden fündig: „Shulamit’s – Eilat Diving Adventure“, eine deutschsprachige Tauchschule am Roten Meer.
Ein, im akzentfreien Hochdeutsch geführtes Telefonat mit Shulamit später und mein Tauchkurs war gebucht.
In Eilat am Rotem Meer
Fünf Monate später stand ich aufgeregt vor dem „Crowne Plaza Hotel in Eilat“. Pünktlich um 9:00 Uhr fuhr ein, etwas in die Jahre gekommener Jepp vor. Ein großes, in rot gehaltenes Logo, mit dem Schriftzug: „Shulamit’s – Eilat Diving Adventure“ reflektierte die heiße Morgensonne von der Seitentür. Eine kleine Frau mit kurz geschnittenen Haaren, mittleren Alters sprang, in einer kahiki farbigen Hose und einem hellblauen T-Shirt bekleidet, aus dem Auto und nahm gezielt Kurs in meine Richtung.
„Aron, schön das du endlich da bist. Ich bin Shulamit. Steig ein und auf gehts.“
Etwas sprachlos, weil verwundert, wieso die kleine Frau mich so schnell als Tauchnovize ausmachen konnte, stieg ich in den Wagen ein und merkte, wie meine Aufregung langsam verschwand und in Freude auf die bevorstehenden Tage umschlug. Ein Gefühl, dass ich sonst nur aus ein Gedi kannte, stellte sich ein. Ich bin wieder zu Hause, angekommen zu Hause in Israel.
Die Tauchbasis am Rand der Wüste
Sehnsüchtig hielt ich Aussicht nach dem Roten Meer, doch die Fahrt ging Richtung Wüste und endete schließlich an einem Haus, an dem sich vier weitere Fahrzeuge den Platz um die engen Stellflächen streitig machten. Ein Schild mit 5 Sterne Padi Tauchbasis erklärte mir, dass ich nun am Ziel war. Auf dem Hof liefen 3 Tauchinstrukteure geschäftig umher und halfen den 12 Tauchgästen beim Anpassen der Ausrüstung.
Flüchtig schweifte mein Blick nach rechts in eine kleine Garage, in der sauber geordnet die Pressluftflaschen neben einem riesigen Kompressor von Simens standen. Dass dies die modernste Anlage dieser Art in Eilat war, erfuhr ich erst später. Shulamit lotste mich vorbei an dem tiefensüchtigen Völkchen, in den Verkaufs- und Empfangsraum.
„Bediene dich, trink erst einmal einen Kaffee. Wenn alle hier versorgt und unterwegs sind, habe ich Zeit für dich“. Mit dieser Einladung brachte sie mich auch gleich in den Schulungsraum, der ein paar Treppenstufen tiefer lag.
Wenige Minuten später begann meine erste Einführung in das Tauchen mit Atemgeräten. Zusammen mit Pawel aus Kanada und Grashina aus Polen folgte ich den Ausführungen meiner Tauchlehrerin. Meine beiden Mitschüler konnten beide perfekt englisch, da mein sprachliches Niveau nur für einen einfachen Small Talk völlig Ausreichente, aber keineswegs für eine Wissensaufnahme geeignet war, hielt Shulamit eine zweisprachige Einweisung ab. (Anmerkung: Im Januar 2017 zog die Tauchbasis um und befindet sich nun direkt am Jachthafen in Eilat)
60 Minuten später standen wir wieder in dem Empfangsraum und Shulamit verpasste uns aus ihrem riesigen Fundus jedem seine ganz persönliche Ausrüstung für die nächsten 5 Tage. Mit Neopren, Flossen, Taucherbrille und Tarierweste bewaffnet, zeigte uns die promovierte Historikerin geduldig den Umgang mit den Pressluftflaschen. Genau 1,5 Stunden später saß ich zusammen mit Pawel und Grashina wieder im Jeep. Unfassbar, nun sollte es tatsächlich ins Rote Meer gehen.
Mein erster Tauchgang im Roten Meer
Auf dem kurzen Weg zu den verschiedenen Tauchplätzen fielen mir jede Menge Taucher auf, die bei weit über 30 Grad ihre schwere Taucherausrüstung über die Straße zum Korallenriff trugen. Unser Auto hingegen hielt direkt vor dem Einstieg am Golf von Eilat.
Die ersten praktischen Übungen führte Shulamit mit uns im seichten Wasser eines Strandes durch, Taucherbrille auf- und absetzen, Wiedererlangen und Ausblasen des Atemreglers, Überprüfung des Luftdrucks und Druckausgleichs waren angesagt. Nachdem dann auch das Abbtauchen und die Verwendung der alternativen Luftversorgung sowie der Abwurf des Bleis funktionierte, ging es zurück zum Auto. Während wir uns mit frischen Nougathörnchen und Kaffee, Tee oder Wasser stärkten, verfolgten wir die Lektion „Handzeichen“: Auf- und Abtauchen: Daumen hoch oder runter. Das allgemeine OK-Zeichen und schließlich auch das Ablesen und die Anzeige des Luftdrucks vom Finimeter.
Die Korallen in Eilat tauchen plötzlich vor mir auf
Ausgeruht fuhren wir keine fünf Minuten weiter zum Veronica Beach, ein, gerade für Anfänger geeigneter Tauchplatz. In nur 5 bis 7 Metern Tiefe ließ ich mich von der Unterwasserwelt in ihrer unerschöpflichen Vielfalt und Schönheit gefangennehmen. Was ich nur aus dem Fernseher kannte, schwamm hier direkt vor meinen Augen. Bunte Clownfische, gähnende Muränen und die sich im Liebesspiel tummelnden Oktopusse sowie grazile Scorpionfische boten mir, eingerahmt von Millionen von Korallen, ein einzigartiges Schauspiel. Langsam begann ich zu begreifen, warum Shulamit ihre akademische Laufbahn in den Hörsälen der israelischen Hauptstadt aufgegeben hat: Es waren und sind noch immer ihre Liebe und Faszination zu dieser einzigartigen Unterwasserwelt und ihr Wunsch, diese Welt auch anderen zu eröffnen. Nach 45 Minuten neigte sich der Zeiger des Finimeters deutlich nach links, Zeit für uns, sich von dieser Traumlandschaft zu verabschieden. Mit Blick auf die Berge von Eilat verließ ich tief beeindruckt und vom Tauchen bereits unheilbar infiziert das ruhig schimmernde Wasser des Roten Meeres. Noch wusste ich nicht, dass nur wenige Meter weiter der Startpunkt des Israel National Trail war, den ich 3 Jahre später durchwandern durfte.
Tauchen in Eilat wurde zu einer Leidenschaft
Nach weiteren 4 Tagen hielt ich mein erstes Brevet in der Hand: „Padi Open Water Diver“. Es folgte der „Advanced Open Water Diver“, ein „Nitrox Schein“ und schließlich der „Rescue Diver.“ Zur Zeit bereite ich mich auf den „Divemaster“ vor.
Shulamit, ich danke dir, für deine Geduld, deine Ruhe und dein großes Taucherherz!
Danke Dir für den schönen Artikel. Ich habe 2016 bei Shulamit den Open und den Advanced Open gemacht. Ich habe in Deiner Beschreibung meine Erfahrungen perfekt gespiegelt gefunden. Grossartige Tauchschule in einem grossartigen Land.