Bipolar durch die Wüste
Dieses Kribbeln im Bauch, das man nie mehr vergisst, wie wenn man zuviel Brausestäbchen isst. Dieses Kribbeln im Bauch vermisst du doch auch.
Bipolar durch den Negev, wie alles begann
Sommer 2015: Nach dem Lesen des Buches “Zwischen Engeln und Wasserdieben” von Stefan Tomic über den Israel National Trail stellte es sich seit Jahren wieder ein, dieses Kribbeln im Bauch.
Ich wusste, nur wenn ich diesen einen Weg gehe, finde ich meine Ruhe, finde ich mich.
Im Wechselbad der Gefühle
Durch den ständigen Wechsel von Manien und Depressionen, aber auch durch meinen täglichen Medikamentencocktail, bestehend aus einer gehörigen Portion Lithium, verfeinert mit Valproinsäure und gekrönt durch einen Schuss des Neuroleptika Quetiapin, war ich fett geworden und sah unerträglich aufgeschwemmt aus. Der Zeiger meiner, inzwischen schon mit Arbeitsverweigerung drohenden Waage, blieb auf 140 kg stehen.
Die promovierten Köche dieses Psychopharmakamenüs gaben sich zwar bei dessen Zubereitung alle Mühe und nahmen sich erdenklich viel Zeit, jedoch nach unendlich lang erschienenen 7 Monaten Klinikaufenthalt meinten sie endlich, die richtige Rezeptur gefunden zu haben.
Ich ahnte damals natürlich nicht, wie und ob überhaupt, sie die wirklich Richtige war. Vieler Erinnerungen und fast aller Gefühle beraubt, führte ich nur noch ein Wattebäuschen Dasein. Allein Stefan Tomic konnte mit seinem Buch eine Schneise durch die Nebelschwaben meines betäubten Hirns ziehen. Warum? Das weiß ich bis heute nicht. Aber dafür bin ich ihm bis an mein Lebensende dankbar.
Nach 6 Monaten war ich tatsächlich fit und lief als Bipolarer den über 1000 km langen Israel National Trail, allein davon 400km quer durch die Wüste Negev.
Der ewige Kampf mit einer Krankheit
Heute, im November 2017, habe ich mich gerade wieder aus einer neuen Depression herausgekämpft. Drei Monate war ich fast unfähig, irgendetwas zu denken oder zu fühlen. Innerhalb dieser 12 Wochen legte ich mir wieder einen Schutzpolster aus durchwachsenem Bauchspeck zu. Von den 120Kg Lebendgewicht konnte ich in den letzten 4 Wochen wieder 12 kg auf den Wanderwegen um Quedlinburg herum abwerfen. Welch ein Kampf, aber schließlich geht es im Februar auf eine längere Tour durch Israel. Mein Zielgewicht von 87 kg sollten nun kein Problem mehr darstellen. Sie sind realistisch erreichbar. Ich kann auch wieder bloggen. Mein neues Thema war und ist seitdem: Die Stadt Eilat.
Entführen wollte ich meine Leser, hinein in die Wüstenmetropole am Roten Meer. Über 25.000 mal wurde die Beitragsserie in einer Woche aufgerufen und mehr als 1200 mal auf Facebook geteilt. Mehr als 200 Leser nutzten und nutzen bis heute die Möglichkeit, ihren subventionierten Hin- und Rückflüge, für einen sagenhaften Preis ab 20 Euro zu buchen. Sie erfüllten sich damit einen Traum und ich durfte ihnen helfen. Darauf bin ich ein kleines bisschen stolz.
Während der Suche nach weiteren Themen fand ich einen Artikel von Alena Dyatlova über ihren Wüstenmarathon in Eilat. Alena wohnt in St. Petersburg und hat letztes Wochenende (17.11.2017) dort ihren Marathon absolviert. Der Beitrag war in Russisch geschrieben, einer Sprache, der ich nur im beschränkten Umfang mächtig bin.
Ich las ihn erst ein Mal, dann noch ein zweites Mal und plötzlich war es wieder da, dieses Kribbeln im Bauch…!
Ich laufe im November 2018 meinen ersten Marathon im Negev.
Genau ein Jahr habe ich nun Zeit. Morgen, am 22.November 2017, werde ich 54 Jahre alt: Ein guter Tag, um mit dem Training zu beginnen und wer möchte, der kann mich an dieser Stelle dabei begleiten.
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Weitere Beiträge zum Chanukka Fest
Bilder und ein Buch, die mir geholfen haben
Weiterführende Links.
Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störung (DGBS) zur Webseite
Manches von dem was du über deine Krankheit schreibst, kann ich sehr gut nachvollziehen. Vieles ähnelt oder ist auch Teil einer sogenannten Einsatzbedingten Posttraumatischen Belastungsstörung, ich kenne leider aus eigener Erfahrung einiges davon. Ich finde es sehr mutig das du so offen über deine Erkrankung sprichst.
Es ist und wird immer ein stätiger Kampf gegen diese Krankheit sein, wichtig ist nur eines, dass du den Kampf niemals aufgibst!!!
Umso mehr freue ich mich mit dir zusammen im Februar auf Tour zu gehen.
VG Marco
Danke Marko, ich freu mich auch mit dir die Wüste und den wilden Norden im Golan zu durchstreifen
Kol ha kavod, Aron! (mittlerweise wirst Du das in Israel schon des Öfteren gehört haben). Wenn Ihr auf dme Golan seid, macht beim Nachal Sevithan und Nachal Yehudia mal zwei Schlenker vom Israel trail. Diese canyons lohnen sich…
Vielen Dank für den Tipp, David
Finde es super, dass du trotz deiner psychischen Probleme dich immer wieder aufmachst und dich nicht umhauen läßt. Bin auch Israelwanderfan und kämpfe schon seit ich denken kann mit Depressionen.
Habe allerdings auch schon einiges an Heilung erlebt, so dass sich mein seelisches Gepäck mittlerweile mindestens um 50% reduziert hat. Das 1. Mal in einer christlichen Lobpreiszeit, danach eher prozesshaft. U.a. das ArbeitsBuch “Healing the Child Within” von Charles Whitfield ist mir sehr hilfreich (gewesen).
Alles Gute für die Zukunft!