Yehoram Night Camp – Shehoret Night Camp
Wie Bettina und ich die Landschaft genießen. Wir trotz Karte und GPS vom rechten Weg abkommen! Glücklich aber kaputt das Shehoret Night Camp erreichen.
Ich hatte heute insgesamt 12 Minuten am ganzen Tag nur Netzempfang. Der Server ließ mich im Stich. „Heute spiel ich mal nicht mit dir.“, das wird er sich wohl gedacht haben. Deshalb quälen sich diese wenigen Zeilen mehr schlecht als recht durch das All und kommen hoffentlich irgendwie, irgendwann im Blog an. Bilder zu versenden, ein Akt der Unmöglichkeit. (Ich werde sie später hochladen)
Aaaaalso: Wir sind früher als gestern los, waren gut in Schuss (kennt man ja, wenn der Kater sich am Tag nach einer Tour auf die müden Muskeln setzt) und, wie die aufgehende Sonne es uns vormacht, gut gelaunt. Die ersten Kilometer hingen wir unseren Gedanken nach, saugten die traumhafte Landschaft wie ein Schwamm auf und hielten unseren Zeitplan perfekt ein. SO konnte es weitergehen. Tja, ging es aber nicht!
Wie in einer Trance, gedankenlos und als Teil des Ganzen pilgerte ich durch die scharfkantigen Formationen des Süd Negev. Bettina erging es wahrscheinlich ähnlich oder sie war gefangen genommen von der Musik ihres MP3-Players. Musik hören, übt auf alle Frauen eine besondere Faszination aus, zumindest auf die Frauen, die ich kenne! In diesem Zustand gegenseitiger Umnachtung verloren wir den Shvil aus den Augen. Wir verirrten uns in der Wüste!
Im Negev verlaufen
Erst schwarz, dann grün und wieder schwarz, so sollt die Reihenfolge der farblichen Markierung auf dem Weg sein. Vereinzelt zeigt sich auch ein leuchtendes, aber beruhigendes „ORANGE – BLAU – WEISS“. Ein sicheres Zeichen, dass wir auf dem Israel National Trail wandern.
Eher durch Zufall blicke ich auf mein Lumia 950 und der einfach genialen Navigation (App /Geometer Pro), mir bleibt fast das Herz stehen. Wir sind falsch. So viel steht fest. Aber wie weit sind wir vom richtigen Weg entfernt?
Nun, ich mach’s kurz, dann tut’s nicht mehr so weh – 6 Kilometer sind es. Ja, ja, DAS ist bitter!
Auf dem Weg zurück, müssen wir eine Felsenformation überklettern, im Umgang mit den Trekkingstöckern noch recht ungeübt, verliere ich das Gleichgewicht! 86 kg meines Körpergewichtes und der 24 kg schwere Rucksack drücken gegen die Sehnen meines rechten Knies. Ich höre ein leichtes Knacken und spürte einen kräftigen Schmerz. Mein Knie ist, wenn nicht total unbrauchbar, doch zumindest stark lädiert. Am zweiten Tag meiner Wanderung, das durfte nicht sein!
Am Ende unserer Kräfte
Fünf Kilometer vor dem Shehoret Nachtlager tauchten wir in die große Kulisse des Shehoret Wadi ein. Dieses trockene Flussbett entpuppt sich als ein grandioser Canyon. Zu beiden Seiten des Wadis steigen meterhohe Felswände auf. Wir verlieren uns in diesem Wunder der Natur, fühlen uns wie eine Nichtigkeit, aber als Teil der Schöpfung.
Am Ende des Bergmassivs ca. 2 Kilometer vor dem Camp verlassen uns die Kräfte! Ich will einfach nicht mehr weiterlaufen, die Schmerzen in meinem Knie schreien nach einer Pause. Bettinas Elan flaut ebenfalls zunehmend ab, auch Frauen haben schwache Stunden, Kopfschmerzen und Schwindel verlangen bei ihr nach einer Pause. Ich bin mir zwar sicher, dass sie unter einen leichten Sonnenstich leidet, sie läuft schließlich den ganzen Tag ohne Kopfbedeckung, aber sie meint stolz: NÖ! Frauen, insbesondere Krankenschwestern haben immer recht!
Ich jedenfalls bin froh, dass ich den ganzen Tag meinen Hut aufhabe. Meine Frau meinte zwar, ich sehe dämlich damit aus, aber das war mir völlig egal!
Im Shehoret Night Camp
Von Weitem sehe ich schon am Ende des Wadis ein Auto stehen, meine Schmerzen sind wie dahin gefegt. Fast unmenschlich schleppe ich mich zum Ziel. Ich will endlich angekommen sein!
Ernüchterung bringt mir eine Gruppe israelischer Wanderer, die meinen, der Campground liegt noch 800 m weiter. Ich weigere mich, dieser Wahrheit ins Auge zu blicken. Schließlich ergebe ich mich doch meinem Schicksal und verlasse den Israel National Trail, schmerzlich wissend, dass ich diese 800 Meter morgen früh wieder zurücklaufen muss!
Unser Plan war, das Elifaze Night Camp zu erreichen. Dieses Ziel haben wir deutlich verfehlt! Ein wenig enttäuscht sind wir zuerst schon, aber wie dumm kann man sein, sich deshalb die Laune verderben zu lassen? Mensch, wir schlafen gleich unterm Sternenzelt, ganz ohne Zelt und wer kann DAMIT heute schon mithalten!? „Weißt du, wie viel Sternlein stehen, an dem großen Himmelszelt?“ Dieses alte Schlaflied kommt mir dabei in den Sinn. Ich habe es meinem Sohn Immanuel immer vorgespielt.
Morgen starten wir übrigens wieder so früh. Allerdings mit einem unguten Gefühl, meine Topp-Wanderschuhe lösen sich nämlich plötzlich auf. Keine Ahnung, warum. Mit Entsetzen habe ich es eben festgestellt. Was mache ich nun? Barfuß durch die Wüste? DAS hat nicht einmal Jesus geschafft. Selbst der trug so etwas wie Jesuslatschen. Halleluja, das kann ja morgen schön was werden!
Die verloren Kilometer wollen wir morgen aufholen, unser Ziel ist der Timna Park.
Sterne da oben! Ich sehe Euch
Gute Nacht allen Sternen und Sternenguckern!
Fazit: 1007 km plante ich für meine Israel Durchquerung. Am Tag zwei der Tour stand bereits fest, es werden deutlich mehr. 23,8 km bin ich bis heute auf meiner Route vorangekommen. Gewandert bin ich inzwischen 34,4 km. Night Camps, die etwas abseits des “Israel national Trail“ liegen und unser verlaufen sind dafür die Ursache.
Fotogalerie des 2.Tages auf dem Israel Trail